Über Veröffentlichen im Internet als emanzipativen Vorgang und “Netzaktivismus”

Wir haben vor gut 6 Wochen oder so angefangen, einen Podcast zu machen und auf diesem Blog Texte zu veröffentlichen. Ich wollte mal was über den Prozess schreiben, vielleicht sowas wie eine Art Selbstreflexion und auch ein Transparentmachen von Selbstzweifel.

Veröffentlichen – ein schwieriges Wort für mich, die ich nicht daran gewöhnt bin, Sachen, die ich denke, irgendwo hochzuladen, sodass theoretisch alle sie lesen können. Erst recht nicht, wenn ich das mit Leuten zusammen mache, denen es ähnlich geht, und keine* von uns so richtig weiß, wo’s langgeht. Aber das ist vielleicht der Punkt: Bei Angry Ink geht es (auch) darum, die eigene Stimme und ihre Relevanz zu spüren, es ist also ein emanzipatives Projekt.

Dann gibt es in meinem Kopf meistens einige Abläufe von Selbstzweifeln, die da anspringen, zum Beispiel: “Dieses popelige Mini-“Projekt”, wer wird das lesen//hören//irgendwie interessant finden… Noch dazu so wenig faktenbasiert und rational..”
Diese Art von angewöhntem Kleinmachen ist aber vielleicht gerade ein Grund, sowas zu machen. Es ist nicht unwichtig, zu lernen, sich selbst zuzuhören, auch politische Aussagen zu machen, die auch anzuzweifeln, daran zu arbeiten. Nur weil ich nicht so ablabern kann wie die*der (gefühlt) politisch komplett gebildete Aktivist*in, heißt das nicht, dass ich mir keine Gedanken machen sollte. Und auch nicht, dass wir unsere Schritte nicht teilen können.

Meine Einschätzung von mir, mich als nicht aktivistisch genug, nicht politisiert genug und zu wenig organisiert zu betrachten, hält mich teilweise eher davon ab, an all diesen Sachen weiterzuarbeiten. Gleichzeitig sollte und kann es keine Ausrede sein. Manchmal ist es vielleicht schwierig, sich auf ein Thema festzulegen, wenn gefühlt an vielen Stellen alles Mögliche anbrennt.

Mir ist sehr bewusst, dass es viele Menschen gibt, die überall wichtige Dinge tun, und auch schreiben, filmen, veröffentlichen. Dafür bin ich sehr dankbar. Angry Ink soll für mich keinesfalls einen ähnlichen informativen Status erreichen. Es ist ein persönliches Projekt, und vielleicht finden das andere Menschen interessant, was wir so denken und reden und so. Ich finde es jedenfalls hilfreich, gemeinsam Sachen zu besprechen, einfach als einen Startpunkt.

Komme ich mal zum nächsten Thema: Netzaktivismus. Jetzt gerade ist ja Corona-Pandemie, und manche Menschen sind bisschen vorsichtig, was Ansteckungsgefahren und die Verbreitung dieses Virus angeht. Das finde ich wichtig und auch eine ernstzunehmende Gefahr.
Gleichzeitig passieren die ganze Zeit -jetzt, und auch davor- Dinge, die nicht einfach hinzunehmen sind – ich habe eine Aufzählung versucht, die aber abgebrochen, da sie sowieso nicht vollständig wäre. Jedenfalls können die Kämpfe, die gekämpft werden, nicht ins “Homeoffice” verlegt werden. Sie müssen auch im Draußen stattfinden.
Trotzdem kann mensch, so wie wir, einen Podcast machen. Warum auch nicht (siehe oben).
Ich finde es nur wichtig zu sagen, dass das nicht die einzige Form von Aktivismus sein kann, auch nicht im Moment. Denn es gibt Sachen, die auch im Draußen passieren: Geflüchtete, die in Lagern in Quarantäne gesteckt werden, Menschen ohne Obdach, deren Hilfsangebote eingeschränkt werden, Rassist*innen und Verschwörungstheoretiker*innen, die gerade Demos veranstalten, der Kapitalismus, in dessen Zuge vieleviele Menschen ausgebeutet werden…

Deswegen, und vielleicht bleibt dieser Text dann auch so kurz:
Respekt für alle die kämpfen, die informieren, die lehren und lernen, die Gedanken teilen und die stark bleiben – und lebendig.

Und wir machen hier weiter, und freuen uns gehört zu werden, mindestens von uns und vielleicht von ein paar anderen.

von m. geschrieben am 03.05.2020